Bloß Keine Routine

Einen freundlichen Aufstand gegen allzu abgedroschene Konzertprogramme veranstaltete letzten Sonntag das Orchester Bayonne Côte Basque in der Kirche Saint Léon d'Anglet. Nacheiner gleichsam protokollgemäßen Ehrerweisung an Mozart mit seiner Serenata notturna D dur machte sich das Orchester an ein Werk von Charles Chaynes mit dem merkwürdigen Titel Onze visages ou l'antifugue (Elf Gesichter oder die Antifuge).

Eine wahre Entdeckung, zumal Gastdirigent Fabrice Parmentier eine großartige Interpretation vorlegte. Es war geradezu ein schöpferisches Abenteuer, bei dem die elf Streicher ein Wundervon Stimmigkeit und Klangfülle vollbrachten. Aus dem Klangspiel ließen sich entfernteReminiszenzen an berühmte Werke heraushören, und in meisterhaftem Spannungsaufbaugipfelte das Werk mit der Leichtigkeit einer Improvisation im Glanz einer symphonischen Lebenslust.

Strawinsky mit seinem Concerto Dumbarton Oaks wirkte danach fast ein wenig blass. Auch die lebendige, ausdrucksstarke Interpretation konnte uns andere Werke des großen russischen Meisters nicht vergessen machen.

Zum Abschluss stellte Bartoks Divertimento eine glanzvolle Paraphrase des ganzen Konzerts dar. In diesem Meisterwerk glänzte das Orchester von tausend Flammen, und das gleichermaßen in der wilden Unbeschwertheit wie in den Passagen düsterer Meditation.
Fabrice Parmentiers schnörkelloses, präzises Dirigat eröffnete den Blick auf einen Horizont, an dem die Musik vom Feuerstab beseelt zu sein schien.

Sud Ouest -  23 November 2004.

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